Haus umbauen. Arbeiten. Kleine Kinder grossziehen.
Ich war mittendrin – und konnte doch nie von aussen sehen, was da eigentlich geschah.
Ich funktionierte. Tag für Tag. Ich dachte, das gehört dazu. Dass alle Mütter so leben. Dass ich einfach durchhalten muss, bis es irgendwann leichter wird.
Aber leichter wurde es nicht.
Es wurde nur lauter. Voller. Atemloser.
Heute möchte ich dir erzählen, was ich erst verstand, als ich mir zum ersten Mal wirklich Raum nahm. Und warum dieser Raum – dieser scheinbar egoistische Raum nur für mich – am Ende der ganzen Familie diente.
Das Hamsterrad – wenn keine Aussenperspektive mehr möglich ist
Es gab keinen Moment zum Innehalten.
Morgens aufstehen, Frühstück machen, Kinder fertig machen, zur Arbeit hetzen, nach Hause kommen, Abendessen, Kinder ins Bett bringen, aufräumen, hinlegen, erschöpft einschlafen.
Und zwischendurch: Das Haus, das umgebaut werden wollte. Die Entscheidungen, die getroffen werden mussten. Die To-Do-Listen, die immer länger wurden.
Ich war im Hamsterrad gefangen – aber ich wusste es nicht. Weil ich nie anhielt. Weil ich dachte, das ist normal. Das ist Muttersein. Das ist Familienleben.
Ich hatte keine Kraft mehr, von aussen zu schauen. Zu fragen: Geht das überhaupt? Ist das gut für mich? Wo gehe ich über meine Grenzen?
Ich funktionierte einfach weiter.
Die unsichtbare Überforderung – ein strukturelles Problem
Das Verrückte daran: Ich dachte, ich wäre die Einzige, die es nicht schafft.
Alle anderen Mütter wirkten so locker. So entspannt. Als würden sie das alles mit links machen.
Nur ich – nur ich war im Stress. Nur ich war überfordert. Nur ich hatte das Gefühl, zu versagen.
Heute weiss ich: Das war eine Lüge.
Die Überforderung war real. Und sie war nicht mein persönliches Versagen.
Sie war – und ist – ein strukturelles Problem.
Kleine Kinder. Ein Haus umbauen. Arbeit. Haushalt. Beziehungen pflegen. Alle Erwartungen erfüllen.
Das IST eine permanente Überforderung. Für die meisten Mütter. Nur spricht niemand darüber.
Wir denken, wir müssen es schaffen. Wir müssen es alleine hinbekommen. Wir dürfen uns nicht beschweren.
Aber weisst du was? Das ist Unsinn.
Der Wendepunkt – als ich das erste Mal Raum hatte
Erst als ich mich von meinem Mann trennte, änderte sich etwas.
Nicht weil die Trennung die Lösung war. Sondern weil ich plötzlich kinderfreie Tage hatte.
Tage, an denen ich nicht funktionieren musste.
Tage, an denen ich einfach nur da sein durfte.
Und erst in diesen Momenten – in dieser Stille, in diesem Raum – konnte ich erkennen, wie überfordernd die ganze Situation gewesen war.
Ich konnte endlich von aussen schauen. Und sehen: Das war zu viel. Viel zu viel.
Gedanken brauchen Raum – sonst gibt es keine Klarheit
Ich hatte vorher nie Zeit gehabt, wirklich nachzudenken.
Über meine Werte. Über meine Bedürfnisse. Über meine Art, Mutter zu sein.
Ich reagierte nur. Auf die Kinder. Auf die Erwartungen von aussen. Auf das, was ich glaubte, tun zu müssen.
Aber Gedanken brauchen Raum.
Klarheit braucht Raum.
Selbst-Erkenntnis braucht Raum.
Erst als ich mir diesen Raum nahm – regelmässig, bewusst, ohne schlechtes Gewissen – konnte ich spüren:
- Was ist mir wirklich wichtig?
- Wie möchte ich Familie leben?
- Wie möchte ich Mutter sein?
- Wie möchte ich Frau sein?
Und plötzlich hatte ich Antworten. Nicht weil jemand sie mir gegeben hatte. Sondern weil sie die ganze Zeit in mir waren – nur hatte ich nie Zeit gehabt, sie zu hören.
Das Paradox der Selbstfürsorge – je mehr ich mir nehme, desto mehr kann ich geben
Das Verrückte daran: Je mehr Raum ich mir nahm, desto besser ging es der ganzen Familie.
Nicht schlechter. Besser.
Ich hatte plötzlich mehr Energie für die Bedürfnisse der Kinder. Ich konnte besser unterscheiden: Was ist wirklich wichtig? Was braucht es jetzt gerade? Wo darf ich auch mal Nein sagen?
Ich war nicht mehr getrieben. Nicht mehr fremdgesteuert.
Ich hatte Klarheit. Und diese Klarheit gab dem ganzen Familiensystem Struktur.
Das ist das Paradox der Selbstfürsorge: Sie ist nicht egoistisch. Sie ist das Gegenteil.
Wenn es mir gut geht, geht es allen gut.
Die volle Schale – erst füllen, dann überfliessen lassen
Es gibt einen Spruch, der das wunderbar auf den Punkt bringt:
„You cannot pour from an empty cup.“
Du kannst nicht aus einer leeren Tasse giessen.
Oder anders gesagt: Deine Schale muss erst gefüllt sein, bevor sie überfliessen kann.
Wenn du immer nur Durchfluss bist – wenn du alles, was du hast, sofort weitergibst – dann versiegt irgendwann deine Quelle.
Dann kommt nichts mehr. Keine Geduld. Keine Freude. Keine Liebe.
Nur noch Erschöpfung. Leere. Bitterkeit.
Aber wenn du dir Zeit nimmst, deine eigene Schale zu füllen – mit Ruhe, mit Schönheit, mit dem, was dich nährt – dann fliesst sie über. Ganz von selbst.
Und dann kannst du geben. Aus der Fülle. Nicht aus der Pflicht.
Dein Raum wartet auf dich
Vielleicht erkennst du dich in meiner Geschichte wieder.
Vielleicht bist du auch im Hamsterrad. Vielleicht denkst du auch: „Alle anderen schaffen das doch, nur ich nicht.“
Vielleicht hast du auch das Gefühl, keine Zeit zu haben. Für dich. Für deine Gedanken. Für deine Klarheit.
Aber ich kann dir sagen: Du darfst dir diesen Raum nehmen.
Es ist nicht egoistisch. Es ist lebenswichtig.
Für dich. Und für deine Familie.
Es müssen keine grossen Dinge sein. Es können kleine Momente sein:
- Ein stiller Morgen mit Tee, bevor alle aufstehen
- Ein Spaziergang alleine
- Eine Stunde, in der du einfach nur da sein darfst
- Ein Raum, in dem du durchatmen kannst
Gedanken brauchen Raum. Klarheit braucht Raum. Du brauchst Raum.
Und wenn du diesen Raum findest – oder erschaffst – dann wirst du merken: Es geht nicht nur dir besser. Es geht allen besser.
Deine Schale darf voll sein. Deine Quelle darf sprudeln.
Und dann – dann kannst du überfliessen lassen.
Von Herzen,
Franziska 🌸